Exbanker
Managergehälter
Mittwoch, 25. Februar 2009, 10:43
Die Medien beschäftigen sich derzeit ja zunehmend mit den in den letzten zwei Jahrzehnten explodierten Managergehältern. So auch die FAZ in http://www.faz.net/s/RubD49D24F35F97418295DF414F94DF12B2/Doc~E7686176100B34D1EA555B57585B4C5BE~ATpl~Ecommon~Scontent.html.

Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, daß man es kritisiert, wenn Manager auf einmal nicht mehr das zehnfache von normalen Arbeitern verdienen, wie vor 50 Jahren, oder das 20-fache, wie vor 20 Jahren, sondern das 200, 300, oder 400-fache. Genau so ist es zu begrüßen, daß angesichts dieser Erkenntnisse das grundsätzliche Funktionieren des Marktes im Bereich der Allokation von Managergehältern in Frage gestellt wird.

Aber ich vermisse nach wie vor die Auseinandersetzung mit der Frage, was für Persönlichkeiten Menschen haben müßten, um erfolgreich Unternehmen zu leiten, und wie solche Persönlichkeiten bezahlt werden müßten, um motiviert und glücklich zu sein. Ich vermute sehr stark, daß ortsgebundene und familienorientierte Menschen auch für die von ihnen geführten Unternehmen langfristigere und nachhaltigere Entscheidungen treffen, als ausschließlich nach dem eigenen Glanz strebende Egozentriker. Solche Menschen haben auch eine ganz andere Einstellung zu ethischem Verhalten, weil sie noch nicht in einer Welt leben, in der der eigene Reichtum den Ethikvorstellungen von anderen vorgezogen wird. Und noch viel wichtiger, solche Menschen wären mit einem Gehalt in der Größenordnung von 500,000 Euro völlig happy und zufrieden und total motiviert, den bestmöglichen Job für ihre Firma zu machen. Umgekehrt gibt es so wenig Jobs auf der Welt, die 500,000 Euro bringen, daß man davon ausgehen kann, daß die Firmen damit auf jeden Fall auch ausreichend fachliche Kompetenz einkaufen könnten. Es würde für die großen Konzerne also sowohl Geld sparen, als auch zu einem langfristige besseren Management führen, wenn man solche Leute und nicht die Super-Egos in die Vorstände berufen würde.

Warum wird das dann nicht gemacht? Es gibt in Aktiengesellschaften eine inhaltlich sehr starke Entkopplung zwischen Eigentum und Unternehmensinhalten (Auf dieses Thema werde ich anderer Stelle noch tiefer eingehen). Deswegen können Aktionäre die inhaltlichen Anforderungen an die Vorstandsarbeit selbst auch gar nicht wirklich beurteilen. Daher müssen sie von der simplen Annahme ausgehen, daß das Teuerste auch das Beste sein muß, und pushen sich mit anderen Konzernen in einen desaströsen und unnötigen Preiswettbewerb um die vermeintlich besten Köpfe. Dabei wird die Verhältnismäßigkeit der eigentlichen Arbeitsleistung zur Entlohnung völlig aus dem Blick verloren. Als Ersatz wird nur auf das finanzielle Verhältnis zwischen der Arbeitsleistung und den potentiellen finanziellen Vorteilen geschaut, die Aktionäre theoretisch von dieser Arbeit haben können.

Es ist aber bei der Unternehmensführung eben nicht so, wie bei der Steuerung eines Formel1 Rennautos. In letzterem zählen tatsächlich Tausendstelsekunden. Wenn ein Rennfahrer dann in der Lage ist, ein paar Tausendstelsekunden schneller zu fahren als der Rest aller Rennfahrer auf dieser Welt, bekommt er zehn Mal so viel Geld wie alle anderen. (Michael Schumacher hat - glaube ich - 70Mio pro Jahr verdient.) Das lohnt sich für den Rennstall aber auch, weil er dann die einzige Währung einfährt, in der in dieser Branche Erfolge gemessen werden: Siege.

Bei der Führung eines Unternehmens merkt man diese Tausendstelsekunde aber überhaupt nicht - das wären streng theoretisch vielleicht ein paar Euro im Unternehmensgewinn. Deswegen kann es auch nicht zielführend sein, der Unternehmensführung das 400-fache von normalen Menschen zu bezahlen. Ganz im Gegenteil: Das, was solch hochbezahlte Manager an Mehrkosten verursachen, können sie gar nicht wieder mit Mehrgewinn rechtfertigen. Zumindest nicht, wenn man sie mit einem gut ausgewählten 500,000Euro Manager vergleicht.

Aber es ist ja nicht nur so, daß man die Tausendstelsekunde überhaupt nicht merkt: Man kauft durch das viele Geld Charaktere ein, die für das Unternehmen langfristig sogar viel viel schlechter sind, als die 500,000Euro Manager. Sie sind so egozentrisch und erfolgsbesessen, daß sie Fusionen und Übernahmen orchestrieren, die langfristig nicht sinnvoll sind, nur um ihre Macht zu demonstrieren. Sie sind so machtbewußt und auf Machterhalt getrimmt, daß sie keine wirklich transparente Unternehmenskultur fördern können. Sie sind so illoyal und für ein höheres Gehalt sofort bereit, zu einer anderen Firma zu wechseln, daß sich kein Unternehmen langfristig auf sie verlassen kann.

Mal ganz abgesehen davon, daß man sich bei den meisten Konzernchefs (und ich bin ein paar begegnet) fragt, was ihnen in ihrer Kindheit blos angetan wurde.

Für den langfristig finanziellen Erfolg der Konzerne und für das soziale Umfeld der Standorte, an denen Konzerne aktiv sind, wäre es unvergleichlich viel besser, wenn Topmanagergehälter kategorisch limitiert würden. Ob der Staat das per Gesetz vorschreiben soll, halte ich für fraglich. Aber der Vorstoß der SPD, den Konzernen die Möglichkeit zu nehmen, Gehälter oberhalb der 500,000Euro Grenze von der Steuer abzusetzen, scheint mir ins Schwarze zu treffen. Damit hätten die Konzerne nach wie vor die Möglichkeit, jeden einzustellen, den sie haben wollen, wären aber gleichzeitig inzentiviert, sich bei der Managerbesetzung vernünftiger zu verhalten.

P.S. Porsches Wedekind mit seinen 80Mio wird in dieser Diskussion häufig genannt. Dabei bleibt unberücksichtigt, daß er sich - anders als alle anderen Manager - bei Verhandlung seines Vertrages Anfang der Neunziger, als es Porsche richtig dreckig ging, bereit erklärt hat, gegenüber den Banken mit seinem ganzen Privatvermögen für Porsches Verbindlichkeiten zu bürgen. Das nötigt Respekt ab, und für diesen unternehmerischen Risikoeinsatz hat er sich eine Erfolgsbeteiligung verdient. Ob die bei 80Mio, die mit Finanzgeschäften und nicht mit Autos verdient wurden, nicht doch out of whack ist, und ob er in den letzten zwei Jahren nicht für die eine oder andere Fehlentscheidung verantwortlich war, sind ganz andere Fragen.

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