Exbanker
Dienstag, 24. Februar 2009
Bankers Diary #2: Der Pitch
Dienstag, 24. Februar 2009, 11:33
Dieser Beitrag ist inhaltlich eine Fortsetzung von http://exbanker.blogger.de/stories/1345357/


Mittwoch, 9:55 Uhr.

Nick und David entsteigen dem Taxi. Die lässig abgewetzten Budapester glänzen wohlgeputzt, die untersten Knöpfe der maßgeschneiderten Anzugärmel sind geöffnet, Nicks blaue Mondsteinmanschettenknöpfe korrespondieren zu dem Einstecktuch. Die von David zeigen das Konterfeit von Michael Douglas im Wallstreetfilm auf Emaille.

Sie betreten das marmorne Foyer, tragen sich beim Portier in die Gästeliste ein, fahren mit dem Fahrstuhl in den Vierzigsten. Nick, die Hände frei, David, mit schwerer Aktentasche. Die schicke, jugendlich-fröhliche Empfangsdame kommt Ihnen entgegen. Blonder Pferdeschwanz, Jeans, Prada. Ich bringe Sie schon mal in den Konferenzraum. Phillip und Ernst kommen gleich. Kann ich Ihnen was anbieten, Saft, Cola, Wasser, Café? Wasser gerne. Für mich auch.

David, das läuft besser als ich mir erträumt hätte. Phillip ist der Partner, mit dem ich gestern Abend gesprochen habe. Ernst ist der Gründungspartner, ich hab nicht damit gerechnet, daß er dabei sein würde. Paß auf, daß wir nicht so servil-banker-mäßig rüberkommen. Das sind beides Segler, die wollen Tachilles reden, die interessieren sich nicht für Zinssätze. Die wollen von uns nur hören, warum wir ihre OLED-Firma besser verkaufen können als jede andere Bank.

Ist gebongt, Nick. Schau mal hier, die Tombstones, die haben diese Autobahnraststättenkette gekauft. Haben sie da nicht KKR ausgebotet?

Ja, das war ganz spannend, sie haben ihre Banken - leider waren unsere Jungs zu feige für den Deal - erfolgreich von den Infrastrukturcharakteristika dieses Assets überzeugt und Riesenfinanzierungskonditionen bekommen.

Guten morgen, Nick. Entschuldige die Verspätung, wir hingen noch in einer Telco fest.

Kein Problem. Guten morgen, Ernst. Schön, daß wir uns so spontan mit einander koordinieren konnten. Darf ich Euch meinen Kollegen David vorstellen? Er kennt sich mit dem Thema ziemlich gut aus, und konnte deswegen gestern noch ziemlich schnell ein paar Ideen zusammenstellen. Wollen wir die Präse kurz durchgehen? David führst Du uns durch?

Klar. Ich möchte vorausschicken, daß wir derzeit mit der Fusion von zwei großen Electronics Spielern befaßt sind. Das ist natürlich streng vertraulich. Ich erwähn das nur, weil wir deswegen natürlich Euern potentiellen Käufermarkt ganz gut einschätzen können. Nick wird Euch da unter vier Augen auch sicher das eine oder andere erzählen können.

In der Executive Summary haben wir kurz die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte aufgeschrieben. Maximierung des Verkaufserlöses. Minimierung des Transaktionsrisikos durch optimale Prozeßkontrolle und damit verbundener Minimierung der Transaktionsdauer. Erreichen von beiden Zielen durch eine limitierte geschlossene Auktion mit drei bis vier Strategen und fünf bis sechs preistreibenden Finanzinvestoren.

Kommen wir zur Bewertung. Wir gehen davon aus, daß das Asset 180-220Mio wert ist. Angesichts des immensen Wachstumpotentials Ihres Assets sind die Umsatz- und Ertragsmultiplikatoren natürlich sehr hoch. Allerdings werden sie, wie Sie hier sehen können, durch andere vergleichbare Transaktionen in den letzten Jahren bestätigt. Wenn ein strategischer Investor diese Technologie aus strategischen Erwägungen kaufen muß, kann das den Preis noch zusätzlich treiben.

Wir schlagen folgenden Prozeß vor. Wir machen zunächst eine saubere Vendor Due Diligence. Dafür nehmen wir natürlich einen der großen Vier. Mit PWC haben wir gerade ziemlich erfolgreich zusammengearbeitet. Gleichzeitig bereiten wir einen einwandfreien Datenraum vor. Damit und mit der VDD können die Bieter präzisere Gebote abzugeben und sie haben ein level playing field. Wir sprechen in zwei Wochen die potentiellen Käufer an und laden sie ein, innerhalb von vier Wochen Ihr Interesse auszusprechen und ein unverbindliches Angebot abzugeben. Für die VDD brauchen wir sechs Wochen, so daß sie fertig ist, wenn wir die Indicative Offers bekommen. Dann geben wir den Käufern die Möglichkeit, vier Wochen Due Diligence zu machen, das Management zu interviewen und vielleicht auch die Jungs von PWC zur VDD zu befragen. Dann müssen die Käufer basierend auf den von uns bis dahin vorbereiteten Kaufverträge verbindliche Angebote abgeben. Die sollten wir dann mit unseren zwei oder drei präferierten Kandidaten ausverhandeln - wir sollten auf jeden Fall zwei im Boot behalten, um den Wettbewerbsdruck aufrechtzuerhalten - , so daß wir nach weiteren vier Wochen signen können. Damit hätten wir den Prozeß in dreieinhalb Monaten abgeschlossen.

David, kann ich kurz mit ein paar Fragen einhaken? - Aber gerne, Phillip - Warum sollen wir für die VDD bezahlen? Die kostet mindestens eine halbe Million, das würden sonst die Käufer machen.

Die preisen in ihr Endgebot die Transaktionskosten sowieso teilweise mit ein. Wenn wir die für sie reduzieren, bieten sie am Ende deswegen auch mehr. Viel wichtiger aber ist, daß wir die Kontrolle über den VDD Bericht haben, wenn wir ihn in Auftrag geben. PWC wird ihn natürlich nicht schönen, aber wir können bestimmen, auf welche Bereiche sie sich in welcher Reihenfolge konzentrieren. Dadurch können wir das Asset unserer Meinung nach deutlich besser vermarkten und erzielen einen Mehrpreis, der die VDD-Kosten um ein vielfaches übersteigen wird. Außerdem befinden sich die Bieter in einem härteren Wettkampf.

Ok, verstanden. Ich habe aber noch ein Problem mit der Technologie selbst. Wenn wir die in dem Due Diligence Prozeß genau beschreiben, brauchen die Käufer uns womöglich nicht mehr. Wie schützen wir da unser IP? - Darüber haben wir auch nachgedacht. Wie Sie auf dem nächsten Slide sehen, gehen wir davon aus, daß alle Details der OLED-Technologie dem Käufer erst nach Signing im Rahmen einer Pre-Closing Due Diligence zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, der Käufer hat dann das Recht, von dem Vertrag zurückzutreten, wenn seine Analyse der Technologie ergibt, daß sie nicht hält, was wir versprochen haben. Damit sind wir auf der sicheren Seite, weil nur derjenige die Technologie zu sehen kriegt, der sie auch tatsächlich kauft.

Auf den nächsten Slides beschäftigen wir uns mit den Käufern, die aus unserer Sicht in Frage kommen. Hier möchte ich das Heft aber gerne Nick übergeben.

Phillip, wie ich Dir gestern abend schon angedeutet hatte, habe ich den starken Eindruck, daß diese drei Unternehmen, die wir hier oben aufgelistet haben, ganz stark Pressure bekommen, weil sie bei dieser Technologie ins Hintertreffen geraten sind. Insbesondere bei dem ersten weiß ich, daß ein Hedgefondsmanager, der sechs Prozent kontrolliert, gewaltigen Druck auf den Vorstand ausübt, in diesem Bereich zügig aufzuholen. Aus diesem Grund glaube ich, daß Euer Asset derzeit mit einem satten Premium vermarktet werden kann. Das wissen natürlich nicht nur wir, sondern auch die eine oder andere Heuschrecke. Die werden deswegen gewaltig mitbieten, um eventuell in einem secondary Deal einen Reibach zu machen. Deswegen schlagen wir ja auch vor, die Finanzinvestoren in der Bieterrunde mit einzubeziehen.

Gar nicht so dumm, Ernst, was meinst Du?

Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, ich bin heute morgen erst aus Dubai gekommen und mein Biorhythmus zeigt auf Lunch. Wollen wir nicht beim Essen weitermachen?

In zwei Taxis zum Steakhaus. Dunkel. Getäfelt. Leise. Gestärktes Leinen. Extrem höfliches Personal. Ich hätte gerne das Rib-Eye. Für mich das Porterhouse. Wie hätten Sie's gerne geschnitten? Für mich das Surf'n Turf. Für mich das große Rump Steak. Wie soll's sein? Blutig. Medium-Rare. Für mich auch. Für mich auch blutig. Darf ich Ihnen Wasser bringen? Eine große Flasche bitte. Einen Wein? Nein. Beilagen? Für mich nicht. Für mich Spinat. Für mich auch. Für mich auch. Hier ein kleiner Gruß aus der Küche. Vielen Dank.

Ernst scannt mißtrauisch die in der Nähe sitzenden Gäste. Mit gesenkter Stimme: Also Ihr Approach gefällt mir. Wenn wir Sie mit dieser Transaktion mandatieren, wie sähe dann die Kompensation aus, Nick?

Standardmäßig bekommen wir 1.5% auf den Deal Value. In diesem Fall sollte das auch in Ihrem Interesse sein, weil Sie uns ja motivieren wollen, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen.

Sie wissen genau, daß andere Banken den Job auch für weniger machen würden. So eine Sell-side ist so idiotensicher, da haben Sie ja gar kein Risiko. Also Sie werden sich mit 1.0% begnügen müssen.

Das wird schwierig. Wenn wir hier von einem Milliarden-Deal sprächen, dann wäre das was anderes, dann käme ich auch bei 1% auf 10Mio oder mehr. Aber hier gehen wir von 200Mio aus. Da bleiben bei 1% nur 2Mio für die Bank. Da werde ich das intern kaum durchsetzen können, für ein solches Projekt vier oder fünf Leute full time für drei Monate abzustellen. Also, Sie müssen uns da schon ein wenig entgegen kommen.

Aber Sie wissen doch genau, daß wir da noch ein paar richtig große Projekte in der Pipeline haben. Wenn Sie diesen Job gut machen, würden wir es auch bei den anderen in Erwägung ziehen, Sie zu mandatieren. Außerdem haben Sie doch selbst gesagt, daß der Preis auch deutlich höher ausfallen kann. Wenn Sie das Asset für 300Mio verkaufen, kommen Sie schon auf eine Fee von 3Mio. How's that?

Also, Sie müssen mir wenigstens ein klein wenig entgegen kommen.

Ok, Nick. 1.1%.

Done.

Prost. Jetzt können wir aber schon noch einen Wein bestellen. Das Fleisch ist köstlich. Ja, wir gehen immer hierhin.



Fortsetzung folgt: http://exbanker.blogger.de/stories/1348142/

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