Exbanker
Hierarchien im M&A-Investmentbanking
Montag, 23. Februar 2009, 14:01
Investmentbankingabteilungen im Bereich M&A kennen typischerweise 5 Hierarchiestufen: Managing Director, Director, Vice President, Associate, Analyst. Normalerweise braucht man 3 Jahre um von einer Stufe in die nächste aufzusteigen. Die Titel klingen deswegen so wohl, weil den Kunden Erfahrenheit und Seniorität vorgegaukelt werden soll. Deswegen sind manche Firmen auch dazu übergegangen, Associates ein "Senior Associate" auf die Visitenkarte zu schreiben, und Analysten ein "Associate". Dabei sind Analysten häufig kaum 22 Jahre alt.

Analysten sind die Sklaven. Sie haben keine eigene Meinung, bzw. wenn sie eine haben, interessiert sich keiner dafür. Sie haben typischerweise folgende Tätigkeitsfelder: Recherchieren und Vergleichen von vergangenen Transaktionen, Erstellen und Betreuen von absurd komplexen Excel-Finanzmodellen (in denen nach Möglichkeit alle Details und Konsequenzen einer Transaktion abgebildet weren sollen), Analyse und Vergleich der verschiedenen Research Reports über eine Firma, und Aufbereitung dieser ganzen Arbeiten in hochglänzenden Powerpoint Präsentationen. Von Analysten wird erwartet, daß sie 100 Stunden oder mehr pro Woche arbeiten. Diese Arbeitszeiten ergeben sich aus dem Anforderungsprofil: Es geht nicht darum, die stündliche Leistung zu maximieren, denn dann würden vernünftige Pausen und Erholungszeiten sicher den Output verbessern. Sondern es geht um die Maximierung des täglichen und wöchentlichen Outputs. Da die Präsentationen häufig abends in Auftrag gegeben werden und am nächsten Morgen fertig sein müssen, läßt sich Nachtarbeit nicht vermeiden. Und weil es zu lange dauern würde, wenn ein "Tagesschicht-Analyst" abends einen "Nachtschicht-Analysten" briefen müßte, um ihn auf den laufenden Projektstand zu bringen, gibt es eben nur "Rund-um-die-Uhr-Analysten." Burn-Out und Desozialisationssymptome sind die regelmäßige Folge. Im Gegenzug bekommen Analysten im Investmentbanking aber auch 100,000 Euro oder mehr und können sich darauf einen runterholen, daß die Früchte ihrer Arbeit von den Mächtigen dieser Welt gelesen werden.

Associates sind ebenfalls Sklaven; sie haben halt Untersklaven. Ihre Meinung interessiert ebenfalls keinen (außer die Untersklaven). Sie haben dasselbe Jobprofil wie Analysten, mit zwei Unterschieden. Erstens kann es passieren, daß sie direkten Kundenkontakt haben. Und zweitens werden sie in das Management von Transaktionsprozessen eingebunden. Dazu gehört die Koordination von Due Diligence (die Prüfung der zu kaufenden Firma durch Wirtschaftsprüfer, technische Ingenieure, Umweltgutachter, Rechtsanwälte, Unternehmensberater etc.) sowie die Koordination der Entwicklung und Ausverhandlung der Kauf- und sonstigen Verträge. Für alle diese Bereiche nutzen sie ihre Untersklaven allerdings auch gerne als überbezahlte und schnelltippende Schreibkraftassistenten. Die wöchentliche Arbeitszeit von Associates liegt bei 80 Stunden und mehr. Das heißt sie können sich stundenweise zum Schlaf / Sport / oder dem vergeblichen Versuch, ihr Sozialleben zu reparieren, aus dem Büro entfernen, so sie denn in Sachen Delegation ausreichend begabt sind und ihre Untersklaven gut funktionieren. Associates verdienen 200,000 Euro im Jahr und mehr.

Vice-Presidents und Directors sind die Sklaventreiber. Sie entscheiden, welche Präsentationen wann und wo vorzubereiten sind, wie sie aufgebaut sein sollen, und welche Sklaven und Untersklaven dafür jeweils eingesetzt werden. Sie lassen von ihren Sklaven grundsätzlich ein vielfaches von dem produzieren, was sie am Ende brauchen, weil die Zeit der Sklaven nichts wert ist, und sie so eine vermeintlich höhere Qualität erreichen. Sie sind während einer Transaktion die ganze Zeit in direktem Kontakt mit dem Kunden, mit den verschiedenen Berater-Teams, mit den Juristen, die die Verträge ausarbeiten, und mit der Gegenseite (dem Kaufobjekt, dem Käufer, dem Fusionspartner usw.). Der Stress ist so hoch, daß auch sie typischerweise nicht weniger als 70 Stunden arbeiten. Zwischen Directors und Vice-Presidents gibt es ebenfalls ein eindeutiges und versklavendes Abhängigkeitsverhältnis, das aber von außen nicht so sichtbar ist. Vice Presidents verdienen 400,000 Euro im Jahr oder mehr, Directors stoßen häufig in den einstelligen Millionenbereich vor.

Managing Directors haben es geschafft: Sie tragen für die von ihnen betreuten Firmenkunden und die von ihnen vorgeschlagenen Budgets die Verantwortung. Sie betreuen ihre Netzwerke und bauen sie bei sozialen Veranstaltungen aus. Sie versuchen, möglichst enge Beziehungen zu allen Finanzvorständen aufzubauen, die in der Branche aktiv sind, auf die sie sich spezialisiert haben. Ihr Jobprofil erstreckt sich eher auf die Acquise von Neugeschäft und die soziale Betreuung von Kunden während eines Prozesses, als auf die tatsächliche Steuerung des Prozesses (auch wenn sie nach außen so tun, als säßen sie auch hier im Fahrersitz). Dementsprechend sinken die wöchentlichen Bürostunden in dieser Hierarchiestufe auf 20-30. Allerdings wird noch mindestens die gleiche Anzahl von Stunden oder deutlich mehr auf Golfplätzen, Empfängen, Kongressen und Lunch- und Dinnerveranstaltungen verballert. Damit ist ihr Sozialleben genauso dysfunktional wie das ihrer Sklaven, Unter- und Unteruntersklaven, mit dem kleinen Unterschied, daß sie sich besser selbst betrügen könnten, sie hätten eins. Die Kompensation von Managing Directors ist zum größten Teil von ihrem persönlichen Erfolg abhängig und kann gerne auf viele Millionen jährlich hinauslaufen. Manchmal werden aber auch gigantische Kompensationen erfolgsunabhängig gezahlt, weil bestimmte Geschäftskunden in anderen Bereichen des Investmentbankings für viel Umsatz sorgen, und der jeweilige Managing Director mit dem Vorstand so gut befreundet ist und bei seinem Abwandern zu einer anderen Bank auch ein Abwandern des Kunden befürchtet wird. Bei der Deutschen Bank haben diverse Managing Directors im Investmentbanking aus solchen Gründen mehr verdient als Ackermann selbst.

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