Exbanker
Sonntag, 22. Februar 2009
Zur HRE Enteignung . . .
Sonntag, 22. Februar 2009, 17:34
Sagt mal, hakt’s noch, liebe Politiker? Wer hat Euch eigentlich dieses Enteignungsvokabular oktroyiert? Euer Verhalten kommt einem latent suizidal vor. Ihr wollt etwas Gutes erreichen, nämlich einen mit immensen Kollateralschäden verbundenen Crash der Hypo Real Estate Bank vermeiden, und öffnet dabei völlig unnötig Pandoras Box und schädigt den Steuerzahler.

Also aus Außenperspektive noch mal von vorne: Die HRE muß(te) Abschreibungen auf Aktiva in einem solchen Ausmaß vornehmen, daß die Eigenkapitaldeckung unter 4% zu fallen droht. Das heißt, daß der HRE eine Situation droht, in der sie sich für mehr als 96% der Investitionen, die sie getätigt hat (incl. Darlehen, die sie gewährt hat), das Geld von anderen geliehen hat. Im Klartext: Die HRE hat sich von ihrer Bilanzsumme in Höhe von 400 Milliarden mehr als 384 Milliarden auswärts geliehen, und nur mehr 16 Milliarden Eigenkapital. Damit sinkt sie unter die gesetzliche Mindestschwelle und müßte im freien Markt dicht machen. In einem solchen Insolvenzfall müßten die ganzen Aktiva zügig verkauft werden, was im derartigen Marktumfeld nur mit massiven Abschlägen zu realisieren wäre. Demnach könnten die Gläubiger der HRE nur teilweise bedient werden und die Aktionäre gingen gänzlich leer aus. Ergebnis: In einem Marktumfeld ohne Staatsinterventionen wären die Aktien der HRE derzeit ohne Wert. Daß der Kurs trotzdem noch bei 5% des Vorjahreswertes dümpelt, liegt nur an spekulativen Hoffnungen auf eine (enteignende und entschädigende!) Staatsintervention.

Daß die Kolateralschäden eines Vollcrashs der HRE viel zu schlimm wären, als das man von staatlicher Intervention absehen könnte, kann bestritten werden, ist aber wahrscheinlich richtig. Aber daß die staatliche Intervention nur in Form einer Enteignung erfolgen kann (zumindest ist das das derzeit meist diskutierte Szenario), ist Quatsch.

Was sind die Vorbedingungen für eine erfolgreiche Intervention? 75%ige, besser 90% Kontrolle der Stimm- und Eigentumsrechte, damit die HRE sich als Staatsunternehmen kostenoptimal finanzieren kann. Brauche ich dafür eine Enteignung? Nein, die Anzahl der Aktien könnten über eine Kapitalerhöhung verzehnfacht werden und die neu geschaffenen Aktien könnten im Gegenzug für eine adäquate Kapitalinjektion dem Staat übertragen werden, der damit eine 90%ige Mehrheit hätte. Hätten die Altaktionäre die Möglichkeit, sich gegen diese Verwässerung ihrer Anteile zu wehren? Extrem kurzfristig und formal juristisch vielleicht ja, aber de facto stehen sie mit dem Rücken dermaßen an der Wand, daß sie die ausgestreckte Hand dankbar ergreifen würden und müßten. Keine einzige Aktie müßte enteignet werden und Pandoras Enteignungsbox würde nicht geöffnet. Und es gäbe die realistische Chance, daß die Aktie sich in den nächsten Jahren auch wieder im Wert erholt. Jetzt aber wäre es geradezu obszön, wenn Herr Flowers auch nur einen Cent für seine Aktien bekäme.

Noch besser für den Steuerzahlergeldbeutel wäre allerdings, wenn der Staat sich für den größten Teil seiner Cash-Einlage Vorzugsaktien ausstellen ließe, wonach alle etwaigen Gewinne dem Staat zufließen, solange die staatliche Cash-Einlage noch nicht vollständig zurückgeflossen ist. Das wäre eine adäquate Kompensation für das Risiko, das die Steuerzahler hier eingehen. Ich fände es auch absurd, wenn irgendwelche Altaktionäre Dividenden beziehen, solange die Risikoposition vom Staat nicht vollständig geschlossen ist.

Abschließend ist auf die Nörgler einzugehen, die grundsätzlich gegen die Überführung von einer Bank in Staatseigentum argumentieren, von wegen schrecklicher Planwirtschaft und Kommunismus und so. Auf der einen Seite ist diese Frage sicher philosophisch. Auf der anderen Seite kann der Staat und Steuerzahler hier nicht schlechter gestellt werden als ein Privatinvestor: Und es gäbe sicher keinen Privatinvestor (wenn es einen gäbe ;-), der sich ein adäquates Engagement nicht mit vollem Risikoausgleich bezahlen und die Altaktiönäre maximal bluten ließe. Um die Verstaatlichungsverächter aber zu beruhigen, könnten den Altaktionären bzw. der HRE selbst im Rahmen dieser Rettungstransaktion Kaufoptionen auf die (Vorzugs-)Anteile in künftigem Staatseigentum eingeräumt werden. Diese dürfen dann ausgeübt werden, sobald die HRE die staatlichen Einlagen zurückgezahlt hat. Damit wäre das staatliche Engagement von vornherein nicht auf Permanenz angelegt bzw. unterläge nicht allein der staatlichen Kontrolle.

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Warum bloggt ein Exbanker?
Sonntag, 22. Februar 2009, 16:45
Die Berichterstattung der letzten Tage über die vorgeschlagenen Enteignungsmaßnahmen gegenüber den HRE-Aktionären war Anlaß für die Einrichtung dieses Blogs und wird in dem nächsten Beitrag kommentiert.

Dieses Blog soll aus Perspektive eines ehemaligen Investmentbankers sowohl aktuelle Themen aufgreifen und diskutieren, als auch Einblick geben in die Innenwelt des sogenannten "Investmentbankings".

Bei aller prinzipieller Skepsis gegenüber der Finanzindustrie im allgemeinen, und speziell gegenüber Investmentbankern und der Fonds- und Private-Equity-Industrie, werden im öffentlichen Diskurs die großen systemischen Fehler häufig unterschlagen. Die Exzesse und Fehlentscheidungen, die in der Finanzindustrie in den letzten Jahrzehnten stattgefunden haben, sind eher die Symptome für diese systemischen Fehler, und weniger die wirklichen Ursachen für die derzeitige Krise. Auch auf diese systemischen Fehler will dieses Blog eingehen.

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